Zur Revierabgrenzung und zur Balz nutzen Spechte ihre „Trommelwirbel“. Hohle Stämme und Äste, in Siedlungen auch Blechverkleidungen, metallene Leitungsmasten oder sogar Straßenlampen dienen als geeignete Resonanzkörper. Der Schaden ist meist eher gering, sehr sensible Anwohner sprechen allerdings schnell von „Lärmbelästigung“. Getrommelt wird meist im Frühjahr, nach einiger Zeit hört das morgendliche „Wecken“ aber von alleine auf.
Ideales Baumaterial
Kleinere Spechteinschläge im Putz einer gedämmten Fassade weisen hingegen auf nahrungssuchende Vögel hin. Die durch die Sonne erwärmten Putz-Fassaden ziehen viele Insekten an. Meisen, aber eben auch Spechte nehmen diese Wirbellosen und deren Jugendstadien auf. Werden sie einmal fündig, untersuchen sie den Bereich genauer – der Schritt zum Bau einer Spechthöhle in der Fassade ist dann nur noch klein. Hohl klingende Fassadenbereiche hören sich nicht nur täuschend ähnlich an wie morsches Holz, sondern lassen sich zudem gut bearbeiten. Nach Überwindung der härteren Außenschicht werden die Höhlen in das weiche Isolationsmaterial gebaut. Bevorzugte „Angriffsflächen“ sind Hauskanten, Bereiche um Fenster und unterhalb der Dachrinnen. Durch die entstehenden Öffnungen im Putz entstehen „Kältebrücken“, Feuchtigkeit kann in die Dämmschicht einsickern, mit der Folge von Schimmelbildung und Frostsprengung. Spechtlöcher sollten daher schnell wieder verschlossen werden. Anfallende Kosten zur Beseitigung der Schäden werden allerdings von der Wohngebäudeversicherung in der Regel nicht erstattet.
Nachmieter gibt’s reichlich
Betroffene Gebäude stehen meist in der Nähe größerer, älterer Bäume. Da in der Stadt, in Parks, im Straßengrün und in Alleen kranke und beschädigte Bäume und Äste, also für Spechte geeignete Altbäume fast immer aus Gründen der Verkehrssicherheit entfernt werden, nutzen diese vom Menschen angebotene Möglichkeit. Wie auch im Wald werden die geschaffenen Höhlen, von verschiedenen Nachmietern dankbar angenommen. Zu den Nutznießern gehören Vogelarten wie Kohl- und Blaumeisen, Stare, Feld- und Haussperlinge, Mauersegler, Dohlen, Säuger wie Eichhörnchen und verschiedene Fledermausarten, Spinnentiere oder Insekten wie Wespen und Hornissen.
Artenschutzrechtliche Probleme
Artenschutzrechtlich entsteht hier schnell ein Problem für den Hausbesitzer, der zum Erhalt seiner Fassadendämmung die entstandenen Löcher oder die Hausfassade sanieren und isolieren will. Zunächst ist es gesetzlich grundsätzlich verboten, geschützte Arten zu verletzen oder zu töten, erheblich zu stören oder ihre Fortpflanzungs- und Ruhestätten zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.
Nutzt eine Art ihren Unterschlupf wiederkehrend, gilt ein ganzjähriger Schutz dieses Quartiers z. B. bei Fledermäusen, Mauerseglern oder Schwalben. Diese dürfen auch außerhalb der Brutzeit nicht zerstört werden. Bestehen Hinweise, dass Spalten, Ritzen besiedelt oder Nester besetzt sind, müssen die zuständigen Naturschutzbehörden informiert werden. Ein Fachgutachter ermittelt, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um die bestehenden gesetzlichen Vorgaben einzuhalten. Durch künstliche Nisthilfen lassen sich im Rahmen von Sanierungen oder Baumaßnahmen verlorene Brutplätze meist aber ersetzen.
Zur Verhinderung von Spechtschäden kommen längere Girlanden, Windräder oder -spiele aus Plastikstreifen, Alufolie oder -blech sowie auch Mobiles aus ausrangierten CDs zur Anwendung. Engmaschige Drahtgeflechte, die unter dem Putz eingearbeitet werden, sind ebenfalls geeignete Abwehrmaßnahmen. Gleiches gilt für glatte, harte Putze, sie bieten weniger Halt. Für Hausecken lassen sich dünne Metallbleche aufbringen.
Mit Grün gegen den Specht
Fassadenbegrünungen sind besonders geeignet, Spechte von ihrem Treiben abzuhalten. Sie verbessern das Klima in der Stadt, bieten anderen Singvögeln Brutplätze sowie Insekten dringend benötigte Nahrungsquellen. Möglichst straff gespannte Ranknetze, engmaschige Rankhilfen aus Draht, Edelstahlseilen und Spaliergittern hindern Spechte am Fassadenanflug. Efeu, Wilder Wein und Kletterhortensie sind aber für die Begrünung gedämmter Wände aufgrund ihrer Haftwurzeln ungeeignet. Empfehlenswert sind je nach Standort schnell und dicht wachsende Rankgehölze wie Schlingknöterich, Blauregen, Scharlachwein oder die Gemeine Waldrebe.
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Kontakt
NABU Schleswig-Holstein
Carsten Pusch
carsten.pusch@nabu-sh.de
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Text & Fotos: Carsten Pusch