Typischer Nackenbiss: Die Krabbenspinne hat eine männliche Schlupfwespe erbeutet.

Die spinnen, die Spinnen!

Für viele Menschen sind Spinnen zum Fürchten und Gruseln, für andere aber wiederum „sowas von süüüß“. Wer einmal einer ­Radnetzspinne beim Bau des Netzes, einer tänzelnden Springspinne an der Hauswand, einer lauernden Krabbenspinne auf einer Blüte oder einer Wasserspinne beim Luftsammeln für die Taucherglocke unter Wasser beobachtet hat, kann sich der Faszination über diese Tiere kaum entziehen. Viele Naturfreunde begeistern sich zudem über die filigranen und spektakulären Kunstwerke zahl­reicher Arten. Im Frühling beeindrucken die mit Tautröpfchen behängten Spinnennetze und machen sichtbar, in welcher Dichte ­Spinnen vorkommen können.

Aber nicht nur die Vielfalt der Lebensweisen, auch ihr fremdartiges Erscheinungsbild hinterlässt Eindruck. Die charakteristischen vier Beinpaare, die mal schnelle, mal bedrohlich schleichende Fortbewegung, die scheinwerferartigen Hauptaugen der Springspinnen – und sechs weitere kleine Nebenaugen – als auch die bei einigen Arten eindrucksvollen Giftklauen wecken widersprüchliche Reaktionen hervor. Dabei sind unsere Spinnen – alleine in Schleswig-Holstein kommen rund 563 Arten vor – eigentlich alle harmlos, gar nicht bis – ganz vereinzelt – ein wenig giftig. 

Lediglich der Dornfinger hat so lange Giftklauen, mit denen die Spinne – im Gegensatz zu praktisch allen anderen Spinnen in Deutschland – die menschliche Haut mühelos durchdringen kann. Die schmerzhaften Bissfolgen werden meist mit einem Wespenstich verglichen und können ein paar Tage anhalten. Der Dornfinger breitet sich aus Südosteuropa kommend nach Norden hin aus  und wird  nun auch vereinzelt in Schleswig-Holstein nachgewiesen. Die Art lebt auf trockenen bis etwas feuchten mit höheren Gräsern bewachsenen Stellen oder sonnigem Ödland.

Attraktive Netzbauer

Ebenfalls eine Art in Ausbreitung ist die ­Wespenspinne. Diese attraktive Art mit ihrer auffälligen Zeichnung kommt mittlerweile in ganz Deutschland vor. Sie legt ihr festes Netz etwas tiefer in der Vegetation von Wiesenrändern und Gebüschen an. Arttypisches Kennzeichen ist ein darin enthaltenes, auffälliges Zickzackband, das sogenannte Stabiliment. In den Vorratskammern der Wespenspinnen finden sich größere Insekten wie Heuschrecken und Libellen. Andere Spinnen bauen Boden nahe oder im Unterholz waagerechte, baldachinar­tige Seidendickichte oder konstruieren Falltüren, mit denen sie ihren Beutetieren nachstellen.

Lauernd unter der Blüte

Neben den Fangnetz bauenden Arten gibt es auch Spinnen, die auf Beutejagd gehen, ohne ein Netz anzufertigen. So kann man an Blüten beispielsweise lauernde Krabbenspinnen sitzen sehen, die geduldig darauf warten, das sich Insekten auf die Blüte setzen, um diese dann blitzschnell mit ihren verlängerten, vorderen Beinpaaren zu ergreifen und die Beute mit einem typischen Nackenbiss zu töten. 

Jäger mit Sicherheitsfaden

Springspinnen, wie die kleine Zebraspringspinne, suchen ihr Revier mit ruckartigen Bewegungen nach Beute ab. Hat sie eine Spinne, Fliege oder Käfer mit ihren sehr scharf und räumlich sehenden Augenpaaren erspäht, kann die winzige, nur wenig Millimeter große Art Entfernungen bis zur 25fachen Länge ihres Körpers springen – zielgenau. Beim Autor wären das aus dem Stand 45,5 Meter – schön wär‘s! Dazu nutzt die Spinne keine Muskeln, sondern eine Art Hydrauliksystem mit Hilfe ihrer Körperflüssigkeit. Kann die Beute doch rechtzeitig entkommen, die potentiellen Appetithappen haben ja auch Augen im Kopf, stürzt die Springspinne aber nicht ab, da sie einen Spinnfaden am Ort des Absprungs befestigt hat, an dem sie sich nach erfolglosem Sprung wieder zurückhangeln kann.

Einbruch in die Vorratskammer

Viele Arten injizieren ihrer Beute Verdauungssäfte und saugen die verflüssigte Nahrung vor Ort ein – zurück bleibt die leere Hülle der Beute. Andere Arten wickeln diese in Seide und hängen sie in die „Vorratskammer“, um die Beute erst später zu verzehren. Verschiedene Insekten wiederum versuchen, diese Vorratskammern zu plündern. So kann man immer wieder Skorpionsfliegen dabei beobachten, das sich diese den Vorratskammern von Kugelspinnen nähern, um sich ganz vorsichtig über die dort abgehängte Beute her zu machen – wohlweislich immer mit der Gefahr lebend, auch selber Nahrung zu werden. Aber auch viele Erzwespen und andere Schlupfwespen parasitieren die Beute, die Eigespinste oder sogar die Spinnen selber – schnell wird hier der Jäger selber zur Beute und Nahrung.

Spinnen sind eine faszinierende Tiergruppe, die für Naturfreunde und Naturfotografen spektakuläre Beobachtungen und Fotomotive bieten. Überwinden Sie sich doch und schauen Sie diesen kleinen Wesen einmal „tief in die Augen“ – Sie müssen sich nur entscheiden, in welches Paar.


Kontakt

NABU Schleswig-Holstein
Carsten Pusch
carsten.pusch@nabu-sh.de
www.nabu-sh.de


Text & Fotos: Carsten Pusch