Über einen Katheter wird das Werkzeug in die verkalkten Gefäße geführt. Pulsierende Schalldruckwellen zertrümmern die Kalkablagerungen schnell und schonend. | Illustration: Shockwave Medical

Schonende Wellen – freie Gefäße

Als eine von ganz wenigen Kliniken in Norddeutschland wendet das kardiologische Team des Friedrich-Ebert-Krankenhauses eine neue, bahnbrechende Methode zur Behandlung schwerer Gefäßverkalkungen an.

Elisabeth Wagner ist überglücklich. Nach erfolgreicher Schalldruckwellen-Therapie trifft sich die aktive Seniorin wieder regelmäßig mit ihren Freundinnen zum Nordic Walking, und auch die Nachmittage mit ihrem fünfjährigen Enkel bereiten ihr wieder große Freude. Das war nicht immer so. Vor einigen Wochen verspürte die 69-Jährige erstmals einen unspezifischen Druck auf der Brust. Als dann auch noch Atemnot bei Anstrengungen hinzukam, konsultierte sie ihren Hausarzt. Der erfahrene Mediziner vermutete Herzprobleme und überwies seine Patientin ins Friedrich-Ebert-Krankenhaus (FEK). Koronarstenose lautete die Diagnose nach eingängiger Untersuchung. Mit Koronarstenose wird die Verengung von Herzkranzgefäßen durch Kalkablagerungen beschrieben. Als Folge dieser Erkrankung wird der Blutfluss eingeschränkt, dem Herzmuskel fehlt es an ausreichender Versorgung mit sauerstoffreichem Blut, und er kann dauerhaft Schaden nehmen. Typische Symptome einer Koronarstenose sind Brustschmerzen und Atemnot.

Probleme bei schweren Verkalkungen

Im hauseigenen Herzkatheterlabor stellte das kardiologische Team um Chefarzt Prof. Dr. Andreas Schuchert mittels bildgebender Verfahren zirkulär schwerst verkalkte Herzkranzgefäße fest. „Solche schweren Verkalkungen stellen ein großes Problem für eine erfolgreiche, langfristige Behandlung mit den herkömmlichen Kathetertechniken dar“, erklärt der Leitende Oberarzt Dr. Thomas Thielsen. „Bei schwerst verkalkten Gefäßen sind die Ablagerungen so massiv und scharfkantig, dass der Ballonkatheter beim Einführen Schaden nehmen kann oder die Gefäßstütze (Stent) sich nicht ausreichend öffnen lässt“, sagt der Mediziner. Als Folge entstünden beispielsweise Dellen in den Gefäßstützen, die wiederum den Blutfluss behindern können. „Üblicherweise werden hartnäckige Kalkablagerungen während eines minimalinvasiven Eingriffes mit einem Bohrer angeritzt. Man versucht so die Stabilität des Kalks zu mindern und kleine „Sollbruchstellen“ einzuarbeiten, die eine anschließende „Sprengung“ mit dem Ballonkatheter ermöglichen“, erklärt Dr. Thomas Thielsen. Diese Methode sei sehr effektiv, berge jedoch die seltene Gefahr, dass Gefäße während des Eingriffes verletzt werden. In manchen Fällen verspüren die Patienten während des Eingriffes kurzzeitige Schmerzen. Die prophylaktische Verabreichung starker Schmerzmittel schafft Abhilfe.

Schonendes Verfahren mit Schalldruckwellen

Mit der innovativen Methode intravaskuläre Lithotripsie (IVL) kann auf Schmerzmittel verzichtet werden, und auch die Verletzungsgefahr der Gefäße ist gebannt. Als äußerst schonend stellt sich das neuartige Verfahren, bei dem Kalkablagerungen in den Gefäßen mittels pulsierender Schalldruckwellen zertrümmert werden, dar. „Die Vorgehensweise ist denkbar einfach“, sagt Dr. Thomas Thielsen. Genau wie bei einer Herzkatheteruntersuchung wird das innovative Werkzeug unter örtlicher Betäubung meist über das Handgelenk, entlang der Armarterie bis zum verkalkten Gefäß geführt“, beschreibt er den Eingriff. „Hier gibt das Werkzeug lokal seine pulsierenden Schallwellen ab und zertrümmert sämtliche Kalkablagerungen innerhalb der Gefäßschichten, ohne das Gewebe zu verletzen.“ Besonders für kreisförmig von Kalk ummauerte Engstellen sei IVL optimal. „Das Verfahren ist ebenso einfach, wie genial“, schwärmt der Kardiologie. 

Elisabeth Wagner gehört zu den ersten Patienten, die das kardiologische Team des Friedrich-Ebert-Krankenhauses im September mit der neuen Methode therapierte. 

„Bereits nach wenigen Minuten konnten wir am Bildschirm beobachten, wie ihr Blut wieder gleichmäßig durch das zuvor schwerst verkalkte Gefäß floss“, erzählt der ausführende Operateur Dr. Thomas Thielsen. Ohne – die Kalkhindernisse war es den Medizinern ein Leichtes, den anschließend per Ballonkatheter eingeführten Stent optimal zu platzieren. Eine Stunde dauerte der gesamte Eingriff. Anschließend konnte die Patientin sofort wieder aufstehen und das Krankenhaus am nächsten Tag verlassen. 

„Mit der Einführung des neuen Verfahrens können wir noch individualisiertere Behandlungsstrategien und damit noch bessere Behandlungsergebnisse erzielen. Es ergänzt unsere Therapiemöglichkeiten optimal“, sagt Prof. Dr. Andreas Schuchert. Mit der intravaskuläre Lithotripsie verankert das FEK eine weitere hochmoderne Behandlungsoption in seinem erfolgreichen Katheterlabor. 

Das Team der Medizinischen Klinik am FEK sieht die innovative Behandlungsmethode mit Schalldruckwellen als optimale Ergänzung seiner Therapiemöglichkeiten

Weit über 20.000 diagnostische Herzkatheteruntersuchungen wurden hier in den letzten 21 Jahren durchgeführt. Einem Großteil der Patienten setzten die erfahrenen Mediziner im direkten Anschluss an die Untersuchung einen Stent ein. Zusätzlich kommen jährlich mehrere Hundert Patienten mit akutem Herzinfarkt ins Friedrich-Ebert-Krankenhaus. „Bei diesen Menschen zählt jede Minute“, sagt der Chefarzt. Im FEK habe man deshalb einen Bereitschaftsdienst etabliert, der an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr im Herzkatheterlabor bereitsteht. „Durch die schnelle Versorgung verschlossener Gefäße konnte die Sterblichkeit deutlich gesenkt werden“, betont Schuchert. Zu dieser erfreulichen Entwicklung trage sein erfahrenes Team maßgeblich bei. „Seit zehn Jahren können wir rund um die Uhr auf ein stabiles Team aus fünf Kardiologen und auf bestens ausgebildete Pflegekräfte zurückgreifen.“ Die große Erfahrung seiner Kollegen in Verbindung mit modernsten technischen Möglichkeiten mache das Herzkatheterlabor zu einer „echten Erfolgsgeschichte“, resümiert Prof. Dr. Andreas Schuchert. Die Mitarbeiter des FEK haben dabei immer den gesamten Menschen im Blick. „Reine Organmedizin findet bei uns nicht statt“, sagt Oberarzt Dr. Volker Jentzen. „Kurze Wege und die enge Kooperation mit den anderen Fachabteilungen, wie unseren Nierenspezialisten, den Lungenspezialisten oder den Gefäßchirurgen kommen gerade älteren Menschen mit Begleiterkrankungen sehr zugute.“ 


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Text & Fotos: Friedrich-Ebert-Krankenhaus
Illustration: Shockwave Medical