angelehnt an: Grossmann K. E. & Grossmann K. (2020) Bindung und menschliche Entwicklung. John Bowlby, Mary Ainsworth und die Grundlagen der Bindungstheorie. (Klett-Cotta Verlag) – Brisch K.H. (2020) Bindungsstörungen. Von der Bindungstheorie zur Therapie. (Fachbuch Klett-Cotta) – Lazarus R.S. (1999) Stress and Emotion. A new Synthesis. (Free Association Books)

Kindergesundheit

Wie hängt Kindergesundheit mit einer sicheren Bindung zusammen?
Physische Gesundheit ist von vielen Faktoren beeinflusst. Hierzu gehören gesunde Ernährung, genügend Bewegung, genetische Faktoren und ein stabiles Umfeld mit Auswirkungen auf die psychische Gesundheit. Diese ist massiv beteiligt an einem „gesunden“ Kind. Ein psychisches Grundbedürfnis ist eine sichere Bindung. Ist diese in der Entwicklung von Kindern nicht adäquat durch seine Eltern befriedigt, kann es zu Beeinträchtigungen der sozial-emotionalen Entwicklung – und damit auch der kognitiven Entwicklung – kommen. Ein dysfunktionales Stressmanagement und/oder schwerwiegende Belastungen beeinflussen immens die elterliche Kompetenz der Feinfühligkeit – die wichtigste Voraussetzung für bindungsorientiertes Verhalten als fundamentaler Schutzfaktor für die Gesundheit von Kindern. 

Bindung entsteht in der alltäglichen Begegnung von Eltern und Kindern. Kritische Lebensereignisse wie z. B. längere Trennungen, schwere Erkrankungen oder Todesfälle von Bezugspersonen können die Bindung ebenso beeinflussen wie positive Erfahrungen mit Bezugspersonen, die einfühlsam auf die Bedürfnisse des Kindes eingehen. Entscheidend dafür, wie sich ein Kind im Umgang mit anderen Menschen verhalten und seinen Problemen bewältigen wird, ist die Qualität der Bindung. Ein Kind mit einer sicheren Bindung wird sich selbst als liebenswert und kompetent erleben. Sie zeigen im Jugendalter häufiger ein hohes Selbstwertgefühl, großes Selbstvertrauen und sind sozial kompetent. 

Eltern sollten sich mit all ihrer Aufmerksamkeit ihrem Kind widmen, damit sie seine Bedürfnisäußerungen wahrnehmen können. Indem sie sich gedanklich, emotional und im Verhalten auf das Kind konzentrieren, können sie auch schwächere Signale empfangen. Dies geht am besten, wenn die Eltern gelassen und entspannt und nicht gestresst sind. Dauerhafte Stressreaktionen sind u. a. von Emotionen geführte kognitiv unreflektierte Verhaltensweisen, wie beispielsweise Ungeduld, Gereiztheit, verbale bis hin zu körperlicher Aggressivität, Lethargie, Gleichgültigkeit. Mit steigender Belastung nimmt angemessenes Verhalten ab. Gedanken wie „eigentlich sollte es doch Spaß machen mit meinen Kindern“ oder „ich hatte mich so auf diese Zeit gefreut“ können negative Gefühle bis hin zu „ich habe gar keine Lust mehr auf meine Kinder“ führen. 

Woher kommt Kraft – woher Gelassenheit als Voraussetzung der Feinfühligkeit?
Das Stichwort heißt Selbstfürsorge und die Erkenntnis, dass Stress durch die eigene kognitive Bewertung der Geschehnisse in einem selbst entsteht. Emotionale und kognitive Fähigkeiten von Eltern sind ein Ergebnis der Bindungserfahrungen in der eigenen Kindheit. Diese „inneren Eltern“  – inneren erworbenen Verhaltensmuster  – stehen den heute Erwachsenen in ihrem Alltag und in der Erziehung der eigenen Kinder zur Verfügung. Bei extremen Belastungen können auch funktionale Strategien zusammenbrechen. Die Kompetenz der Feinfühligkeit ist abhängig von der Fähigkeit zur Selbstfürsorge als Kraftquelle. Diese ist essenziell für Gelassenheit und ein adäquates emotionales Verhalten. Stressoren, die uns in unserem Alltag beeinflussen oder schwerwiegende Lebensereignisse, haben Auswirkungen auf unsere Reaktionen und unser Verhalten. Werden Eltern krank durch Stress, so können Kinder zu Symptomträgern werden. Basierend auf diesen Zusammenhängen ist es entscheidend, nicht das isolierte Kind als Objekt zu betrachten, sondern das ganze System. Handlungen von Mitgliedern eines Systems, in dem sie sich bewegen, beeinflussen sich wechselseitig. Ist die Familienbalance gestört, dann wird häufig nur ein Familienmitglied auffällig, meist die Kinder, die Verhaltensauffälligkeiten zeigen und Störungen im System aufzeigen. Sie beschäftigen das ganze System und dysfunktionale Verhaltensweisen können sogar funktional werden (z. B. Schulschwierigkeiten eines Kindes verhindern, dass die „Streitehe“ der Eltern nicht zerbricht, da sie sich gemeinsam um die Probleme des Kindes kümmern müssen). 

Für diese gestörten Familiensysteme ist die Eltern-Kind-Vorsorge ein wertvoller Baustein im Gesundheitssystem, um an der richtigen Stelle vorsorglich mit der Familie die „Stellschrauben“ zu optimieren. Hier können nachhaltig funktionale Bewältigungsstrategien zur Verhinderung schwerwiegender gesundheitlicher Problematiken etabliert werden. 

Die Kurklinik „Baltic“ der AW Kur und Erholungs GmbH in Großenbrode bietet Eltern-Kind-Vorsorgemaßnahmen in hoher Qualität an. „Wir betrachten das Kind nicht von seinen Defekten her, sondern im systemischen Sinne von seinen Fähigkeiten und Ressourcen.“ Probleme und Symptome werden neu interpretiert und als funktional stabilisierend herausgestellt. Die Kinder werden mit all ihrer facettenreichen Originalität in ihrem individuellen Spielverhalten und ihrer Kreativität pädagogisch gefördert. Dadurch werden ihnen ihre Stärken bewusst gemacht, um den im System verlorengegangen Selbstwert wieder entdecken zu können. Das Kind wird in seinem Entwicklungsstand und Können wahrgenommen und positiv wertgeschätzt. Das therapeutische Hauptaugenmerk gilt den Eltern und ihren dauerhaften Stressoren durch berufliche Belastung, mangelndem oder nicht vorhandenem sozialen Netzwerk, finanzieller Sorgen und/oder schwerwiegende Lebensereignisse (z. B. Trennung, Pflege/Tod eines Angehörigen). Zudem sind Familien mit Kindern, die durch ihre Originalität einen besonderen Betreuungs- und Aufmerksamkeitsbedarf haben, in unserer Gesellschaft nochmal mehr gefordert. „Wir konzentrieren uns auf die Hilfe zur Selbsthilfe und unterstützen Eltern dabei, Perspektiven und Strategien zu erarbeiteten, die ihnen im Erziehungsalltag helfen, einen bindungsorientierten Umgang mit ihren Kindern zu gestalten.“ Da sich ein dysfunktionales Stressmanagement ganzheitlich auswirken kann, erfolgt die Behandlung von einem interdisziplinären Team aus den Bereichen Medizin, Psychologie, Pädagogik, Ernährungswissenschaft und Physiotherapie. So wird mit den Eltern individuell an ihren Belastungsfaktoren gearbeitet. Risikofaktoren einer „sicheren Bindung“ zwischen Eltern und Kind werden erkannt und Wege, mit diesen umzugehen, werden erarbeitet. Zusammengeführt zum System werden die einzelnen Familienmitglieder durch unsere pädagogisch und heilpädagogisch begleiteten Familien-Interaktionen und/oder therapeutischen Interaktionsgespräche. Es gibt dem System die Chance durch erarbeiteten neuen Perspektiven und Strategien auf Elternebene und durch gemeinsame positive Erlebnisse die Bindungsqualität als gesundheitliches Fundament – auf dem Krisen adäquat bewältigt werden können – zu verbessern.


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