Plastikmüll und seine Folgen

Mehr als zehn Millionen Tonnen Abfälle gelangen jährlich in die Ozeane der Welt. Jedes Jahr sterben daran bis zu 135.000 Meeressäuger wie Wale, Delphine, sowie Meeresschildkröten und Fische sowie ca. eine Million Meeresvögel. Plastikteile werden mit natürlicher Nahrung verwechselt – die Tiere ersticken oder verhungern an mit Müll überfüllten Mägen. Sie verfangen sich in Resten von Fischernetzen und sterben elendig. Meeresvögel nehmen auf dem Wasser treibende Plastikteile auf und verbauen diese in ihre Nester. Dort verheddern und erhängen sie sich. Ein makabres Schauspiel, alljährlich auch bei uns vor der Haustür am Helgoländer Vogelfelsen zu beobachten. Plastik gelangt auch durch die Luft als Plastiktüte oder Luftballon in die Landschaft. Angelschnüre, Sixpack-Ringe oder auch Zaunlitzen stellen in der Landschaft auf Jahrzehnte tödliche Gefahren dar. Zerrieben als Mikroplastik ist jeder Strand der Welt oder unsere Böden mit Plastikgranulat durchsetzt. Plastik gelangt damit auch in unsere Nahrungskette – wir beginnen also, den eigenen Müll zu essen.

Die Belastung der Meere durch Plastik ist bei jedem Strandspaziergang augenfällig. Knapp 100 Jahren hat es gedauert, dass das vielfältig einsetzbare und kostengünstige Material unsere Umwelt irreversibel verändert hat. In den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden knapp 1,5 Millionen Tonnen Plastik pro Jahr produziert – heute sind es fast 400 Millionen Tonnen. Viel davon landet schließlich in der Umwelt und in den Meeren.

Aus den Augen – aus dem Sinn

Gut 75 Prozent des gesamten Meeresmülls besteht aus Kunststoffen. Der jährliche Eintrag von Kunststoff beträgt bis zu 12,7 Millionen Tonnen. Auf jeden Quadratkilometer Meeresoberfläche treiben laut Angaben der Vereinten Nationen bis zu 18.000 Plastikteile unterschiedlichster Größe. Dies ist aber nur der sichtbare Teil des Problems, 70 bis ­90 Prozent der Abfälle (ja nach Quelle) sinken auf den Meeresboden. Plastik im Meer ist praktisch unvergänglich – nur sehr, sehr langsam zersetzt ­es sich, zerfällt durch Salzwasser, Sonne ­und mechanischen Einwirkungen in Mikro­plastik.

Diese Zersetzungsprozesse setzen zudem gefährliche Inhaltsstoffe wie Bisphenol A, Phtalate oder Flammschutzmittel frei, die sich in der Nahrungskette anreichern und letztlich sogar das Erbgut und den Hormonhaushalt mariner Lebewesen verändern können – die dann auch von uns verzehrt werden. Schädliche Auswirkungen auf den Menschen können langfristig nicht ausgeschlossen werden. Die kleinen Plastikpartikel ziehen zudem im Meerwasser gelöste Umweltgifte wie das Insektizid DDT oder PCBs an – für filtrierend lebende Meeresorganismen wie Muscheln oder Korallen eine tödliche Mahlzeit. Vielen Menschen ist immer noch nicht bewusst, dass viele Kosmetikprodukte Plastikpartikel enthalten. Jährlich werden laut einer Studie des NABU zu Kosmetikprodukten und Putzmitteln durch deren Nutzung ca. 1.000 Tonnen Mikroplastik dem Abwassersystem zugeführt. Und erst in letzter Zeit ist entdeckt worden, dass der Straßenverkehr (Reifenabrieb) eine der Quellen für Mikroplastik in den Meeren darstellt.

Gedankenlos und unverantwortlich

In Europa werden jährlich Millionen Tonnen Plastik nach einmaligem Gebrauch in die Umwelt geworfen. Plastiktüten, Plastikflaschen, Luftballone, Wattestäbchen und Zigarettenkippen gehören zu den häufigsten Fundstücken am Strand. Angespült vom Meer kommt dabei der meiste Abfall von der Landseite. Über Gräben, Bäche und Flüsse sowie auch über die Luft werden diese durch den Wind in die Landschaft und ins Meer getragen. Allein der Rhein schwemmt jedes Jahr 380 Tonnen Kunststoff in die Nordsee. Einträge aus der Schifffahrt, der Fischerei oder Erdölförderung sind weitere Eintragsquellen. 

Weiter Weg zur Umsetzung konkreter Maßnahmen

Umweltschutz hat leider schon in den eu­ropäischen Mitgliedsstaaten nicht überall oberste Priorität. Nationale Maßnahmen werden meist erst dann ergriffen, wenn europäische Vorgaben eine Umsetzung in nationales Recht erfordern. Daher muss schon die europäische Umweltpolitik immer weiter angepasst und fortentwickelt werden, um den Schutz der Umwelt zu verbessern. 2014 wurde durch die dem Nordostatlantik und der Nordsee angrenzenden Länder im Oslo-Paris-Übereinkommen (OSPAR) ein Aktionsplan zur Vermeidung und Handhabung von Meeresmüll veröffentlicht. Für die Ostsee hat die Helsinki-Kommission (HELCOM) 2015 einen Aktionsplan gegen Meeresmüll verabschiedet. Weitere Richtlinien z. B. die EU-Abfallrahmenrichtlinie regeln unter anderem die Vermeidung und den Umgang mit Abfällen aller Materialien. Zu Beginn 2018 veröffentlichte die EU-Kommission die europäische Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft. Wie immer gilt aber auch hier das Sprichwort des Fußballtrainers ­Otto Rehhagel: „Entscheidend ist auf dem Platz …“. Ambitionierte Rahmenrichtlinien oder Strategien liefern zwar einen perspek­tivischen Ablaufplan, erst die Umsetzung von konkreten Maßnahmen aber kann nachhaltige Veränderungen bewirken.

Jeder kann was tun – man muss es nur wollen

Dabei kann Jede*r von uns bereits jetzt sofort anfangen und helfen, die Umwelt, unsere Böden und Meere sauberer zu machen – das fängt zu Hause bei alltäglichem Handeln an. Die Vermeidung von Verpackungsmüll, die Nutzung von wiederverwendbaren Produkten, die sorgfältige Trennung von Abfällen sind Maßnahmen, die Jede*r für sich ­sofort umsetzen kann. 

Der Verzicht auf Plastiktüten, Einweg-Kaffeebecher mit Plastikdeckeln bis hin zu Plastikstrohhalmen, die Reduktion von Plastikverpackungen im Lebensmittelhandel sind Themen, die vielfach im Bewusstsein angekommen, auch schon in gesetzliche Regelungen aufgenommen worden sind. Mittlerweile wird das Problem Plastik weltweit öffentlich thematisiert und angegangen – das ist ja schon mal positiv. Viele Menschen nutzen bereits nachhaltige, plastikfreie bzw. plastikreduzierte Alternativen, sowohl im beruflichen als auch privaten Umfeld. 

Allerdings gibt es noch sehr, sehr viel zu tun, um die vielfältigen Probleme im Umgang mit Plastik in die richtige Richtung zu lenken. Fangen Sie doch auch heute damit an!


Kontakt

NABU Schleswig-Holstein
Carsten Pusch
carsten.pusch@nabu-sh.de
www.nabu-sh.de


Text & Fotos: Carsten Pusch